Eisklettern lernen – Hanna’s Erlebnisbericht

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Hanna (24) arbeitet in der Outdoorbranche, widmet ihre gesamte Freizeit den Bergen – und ist quasi schon ihr ganzes Leben lang dort unterwegs: beim Skitourengehen, Wandern oder Klettern. Seit 2018 ist sie Teil der Munichmountaingirls und freut sich auf unzählige weitere Bergabenteuer!

 

„Wie beim Klettern geht es nicht primär darum, sich an den Armen hochzuziehen, sondern die Füße präzise zu positionieren.“

Nach mehreren Jahren Klettererfahrung fehlte mir noch der letzte Schritt, um diese Leidenschaft auch im Winter ausleben zu können.

Einen gefrorenen Wasserfall erklimmen – was für ein Adrenalinschub! Doch wie das Leben so spielt, kam immer etwas dazwischen: Schlechte Winter, fehlendes Material und Wissen, Prüfungszeit an der Uni, Jobwechsel. Im Januar 2018 war es nun endlich soweit! Lass‘ dich von mir mitnehmen auf mein neues Kletterabenteuer…


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Die unterschiedlichen Disziplinen beim Klettern

Fangen wir am Anfang an – das kleine ABC der Kletter-Disziplinen:

Sportklettern (Indoor)

In einer Kletterhalle gibt es farblich festgelegte Routen. Diese sind mit einem Schwierigkeitsgrad bewertet, sodass der Kletterer davor einschätzen kann, ob er den Routen gewachsen ist oder nicht. Es gibt befestigte Haken in kurzen Abständen, an denen sich der Kletterer sichern kann.

Sportklettern am Fels

Draußen sieht die Situation schon etwas anders aus. Dort sind zwar die meisten Routen auch bewertet, jedoch äußerst selten angeschrieben.

Mit Hilfe einer Skizze, dem sogenannten Topo, sucht man sich eine Route aus und kann sie dann klettern.

Auch hier gibt es befestigte Haken. Die Hakenabstände variieren von Klettergebiet zu Klettergebiet.

Alpinklettern

Beim Alpinklettern wird eine komplette Felswand selbst oder zum Großteil selbst abgesichert.Bestiegen werden mehrere hundert Meter hohe Wände, aufgeteilt in einzelne Seillängen. Das Topo dient hierbei eher als Richtlinie.

Beim Alpinklettern sollten Stürze unbedingt vermieden werden, idealerweise wählt man einer Route deutlich unter der Leistungsgrenze.

Wetterumschwünge, Orientierung, Steinschlag und weitere alpine Gefahren machen auch schon so genug Sorgen.

Eisklettern

Noch etwas mehr Nervenkitzel gibt es beim Eisklettern: Wenn im Winter die Temperaturen tief genug sind, gefrieren die Wasserfälle in den Bergen. Wenn man diese klettern will, müssen die einzelnen Haken, die beim Wasserfallklettern „Eisschrauben“ heißen, selbst angebracht werden.

Im Gegensatz zum Felsklettern gibt es selten eine festgelegte Route, da sich das Eis stets verändert. Der Kletterer sucht sich also den bestmöglichen Weg nach oben und sichert sich selbst dabei ab, indem er die Eisschrauben ins Eis dreht und das Seil darin einhängt.


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Und irgendwie muss man ja auch wieder herunterkommen | Abseilen

Beim Felsklettern befindet sich am Ende der Kletterroute idealerweise ein großer runder Haken, durch den man sein Seil fädeln kann und dann abgelassen oder abgeseilt wird.

In einem Wasserfall gibt es diesen runden Haken nicht, da sich das Eis ständig verändert.

„Abseilen“ kann man sich dann beim Eisklettern tatsächlich nur, wenn entweder irgendwo so ein Ring im Fels ist oder über einen Baum.

Oft gibt es – wie bei meiner zweiten Tour am Jochberg – einfach gar keinen Weg nach unten. Da steigt man oben aus und wandert dann auf dem Wanderweg nach unten. Wieder was gelernt.  Man sollte vorher unbedingt einschätzen, ob man die Kletterei schafft oder nicht!

Für mein „Abenteuer Eisklettern“ stand also vor Vornherein fest: Ich kann nicht einfach – wie sonst beim Felsklettern – mit meinen Freunden losziehen und darauf vertrauen, dass uns unsere Bergerfahrung sowie die Hilfsmittel einigermaßen sicher nach oben und vor allem auch wieder nach unten befördern. Eine externe Wissensquelle musste her.

Diese fand ich in Bergführer Thomas Schiller, der mich und sieben andere Eiskletter-Neulinge mit ins Pitztal nahm.

Schon am Abend zuvor war ich ganz schön aufgeregt: Wie wird sich der Tag gestalten? Gibt es zuerst einen Theorie- und dann einen Praxisteil? Oder geht es direkt los? Statt dem Sprung ins kalte Wasser der Sprung ans kalte Eis? Wird das Wetter halten? Es wurde eine kurze Nacht…

Der Tag ist da – mein Eisklettern Kurs

Eingepackt in meine wärmsten Winterkleidung traf ich Bergführer Thomas morgens um acht Uhr an einer unscheinbaren Parkbucht kurz vor der Pitztaler Gletscherbahn.

Nach unserer Begrüßung überprüfte er unsere Ausrüstung und stattete manche Kursteilnehmer mit Leihmaterial aus. So war jeder mit:

Helm
Steigeisen
warmer und wasserfester Kleidung
steigeisenfesten Bergstiefeln und
Klettergurt

versorgt. Ich persönlich füge dieser Liste im Nachhinein noch folgendes hinzu:

Wechselhandschuhe
Gamaschen und
heißen Tee.

Dazu kamen noch

Seile
Sicherungsgeräte
Karabiner
Eisschrauben und
sogenannte Eisgeräte

Eisgeräte sehen aus wie stark gebogene Eispickel und sind besonders scharf, sodass sie sich vom Kletterer gut ins Eis schlagen lassen und dort stecken bleiben.

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Damit ersetzen sie beim Eisklettern die Griffe.

Würde man nur mit den Handschuhen versuchen, am Eis zu klettern, rutscht man ab oder friert fest.

Beides ist nicht unbedingt wünschenswert 😉 Daher wird ein Gerät benötigt, das so gut hält, dass sich ein Mensch mit vollem Gewicht daran hängen kann.

Theoretisch sollte das Eisklettern dann so ablaufen:

Der Kletterer zieht sich an den über ihm ins Eis eingeschlagenen Eisgeräten hoch
stemmt die Füße mit den Steigeisen in den gefrorenen Wasserfall und
steht dann idealerweise so sicher, dass die Eisgeräte gelöst werden können und
etwas weiter oben erneut ihren Platz finden.

So arbeitet man sich den gesamten Wasserfall nach oben: Eisgeräte über dem Kopf platzieren und die Füße nachziehen. In der Theorie klingt das natürlich immer recht einfach. Nun wurde es höchste Zeit für den Praxistest!

In der Praxis – Eisklettern am gefrorenen Wasserfall

Nach einem kurzen Marsch von zehn Minuten standen wir bereits an unserem Übungswasserfall. Da dies ein Anfänger-Übungswasserfall war, gab es auch hier an speziellen Stellen die großen Ringe, an denen man das Seil befestigen konnte.

Während ich Thomas sicherte, stieg dieser in Windeseile und gleichzeitig mit absoluter Gelassenheit drei Routen vor, zog die Seile durch die Ringe und lies sich daran abseilen. Ich sollte nun an einem Ende des Seiles klettern, während Thomas mich am anderen Ende des Seiles sichert. So kann er das Seil die ganze Zeit spannen.

Bei einem Sturz würde mir bis auf den Schrecken nichts passieren. Mir juckte es gehörig in den Fingern, denn ich hatte schließlich zwei Winter darauf gewartet, mich endlich im Eis zu testen.

Thomas drückte mir die Eisgeräte in die Hand und gab mir noch ein paar Instruktionen mit auf den Weg: „Das Eisgerät muss zwar fest sitzen, aber denke daran, dass du es wieder lösen musst, um weiter klettern zu können.“ – Danke für den Hinweis, aber ich habe natürlich dennoch an manchen Stellen ganz schön lange ruckeln müssen, bis das Gerät wieder frei war … #anfängerkönnen 😀


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„Wie beim Klettern geht es nicht primär darum, sich an den Armen hochzuziehen, sondern die Füße präzise zu positionieren.“ – Na, mit diesem Tipp konnte ich als Sportkletterin doch einiges mehr anfangen. Also los!

Anfangs zögerlich kämpfte ich mich durch die erste Route. Es war so ungewohnt, nur diesen kleinen Zacken am Bergstiefel zu vertrauen.

Doch mit jeder Route wurde ich sicherer und auch mutiger – zu übermütig!

Trotz Gamaschen riss ich mir in einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit mit den scharfen Kanten der Steigeisen ein dickes Loch in die Skihose. Naja! 

Zwischen dem Klettern und Üben stärkten wir uns mit heißem Tee, Gipfelschokolade und belegten Broten.

Extra Übung für mehr Beintechnik

Am späten Nachmittag stellte uns Thomas noch eine besondere Aufgabe: Den Wasserfall mit nur einem Eisgerät klettern!

Es ist überraschend, wie bewusster ich plötzlich die Füße stellte, sobald ich mich nicht mehr einfach an den Armen hochziehen konnte. Das war eine richtig gute Übung.

Als wir uns gegen 15:00 Uhr auf den Weg Richtung Parkplatz machten, hatte mich das „Eisfieber“ total gepackt. Ich kann es kaum abwarten, bis ich wieder die Gelegenheit zum Eisklettern habe!

Hast du es auch schonmal versucht? Hinterlass‘ mir deinen Kommentar, ich bin gespannt…


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Hanna Hoermann

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Hanna (24) arbeitet in der Outdoorbranche, widmet ihre gesamte Freizeit den Bergen – und ist quasi schon ihr ganzes Leben lang dort unterwegs: beim Skitourengehen, Wandern oder Klettern. Seit 2018 ist sie Teil der Munichmountaingirls und freut sich auf unzählige weitere Bergabenteuer!Hanna auf Instagram:



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