Bergfreundinnen im Interview: Susi und Vroni

Susi und Vroni sind rund um die Uhr mit Sport beschäftigt. Wenn sie nicht selbst am Berg oder beim Fitness unterwegs sind, schreiben die Sportwissenschaftlerinnen Trainingspläne, helfen Hobby-AthletInnen beim Erreichen ihres sportlichen Zieles und geben auf ihrem gemeinsamen Blog Tipps, wie man am effektivsten für herausfordernde Touren trainiert, aber auch, wie man nach Verletzungen wieder zu alter Stärke zurückkommt oder Beschwerden durch den Bergsport vermeidet.

Susi, denkt, dass es eher nicht so interessant ist, dass sie exzessive Mützen-Sammlerin ist, sieben Fleischkrapfen ihrer Oma essen kann und schnell genervt von Leuten ist, die nicht auf kurvigen Straßen Auto fahren können. Lieber erzählen sie und ihre Bergfreundin Vroni, warum sie so gern zusammen unterwegs sind.

Wie habt ihr euch kennen gelernt? Erzählt gerne ein bisschen über eure Geschichte.

Universität Salzburg, Fachbereich für Sport- und Bewegungswissenschaften an einem heißen Junitag im Jahr 2015. Wir lungern beide im Wartebereich vor unserem Vorlesungssaal herum und versuchen, uns gemeinsam mit unseren Studienkollegen die Zeit bis zur nächsten Lehrveranstaltung zu vertreiben. Irgendwie kommen wir über eine gemeinsame Freundin (ich glaube es war Julia) ins Gespräch. Viel lieber wären wir gerade draußen. Irgendwo am Berg. An der frischen Luft. „Ach du gehst auch gerne auf den Berg?“, „Ja wirklich, du auch?!“

Von diesem Zeitpunkt an sind wir regelmäßig vor, nach und manchmal auch anstatt der Uni gemeinsam zu Touren aufgebrochen. Im Winter zum Skitourengehen im Tennengebirge oder in den Berchtesgadener Alpen, im Frühjahr, im Sommer und im Herbst zum Trailrunning am Untersberg, zum Alpinklettern und am Wochenende zu ausgedehnteren Touren rund um Salzburg.

Welche gemeinsame Tour werdet ihr nie vergessen? Was hat sie so besonders gemacht?

Susi:

Boah da gibt’s viele, die so einwandfrei waren, dass ich jetzt noch daran denke! Weil die Pulverabfahrt irre, oder die gemeinsame Zeit beim Höhenmeter sammeln einfach so schön war. Und dann gibt’s einige, die in Erinnerung bleiben, weil die Bedingungen furchtbar schlecht und zehrend waren.

Da fällt mir besonders unsere erste gemeinsame Großglockner-Besteigung ein. Das war im August 2017 – wir hatten beide noch nicht viel Erfahrung im Hochtourengehen und schon lange geplant, endlich zusammen den Großglockner zu besteigen.

Über den Stüdlgrat sollte es auf den höchsten Österreicher gehen. Eigentlich war bestes Wetter angesagt. Im Tal hatte es an dem Tag auch 30°. Dem entsprechend haben wir unsere Ausrüstung und Kleidung ausgewählt. Eine dünne Windjacke, dünne Handschuhe, eine dünne lange Hose, ein dünnes Langarmshirt.

Es war einfach alles dünn und das war unser Problem, als es am Grat zu schneien begonnen hat und wir bis auf eine Höhe von 3.700 Metern absolut nichts gesehen haben. Der Wind ist uns um die Ohren gepfiffen. Es war eisig kalt. Nebel vor uns, Nebel hinter und, Nebel neben uns.

Ich glaube, Vroni hatte nicht einmal eine Windjacke dabei. Umkehren konnten wir zu dem Zeitpunkt nicht mehr. Wir haben jedes Stück Stoff angezogen und sind am laufenden Seil weitergegangen, so schnell wir konnten. Wir hatten überhaupt kein Gefühl mehr, wo am Grat wir uns befanden, weil die Sicht dermaßen schlecht war. Das Einzige, das wir zu diesem Zeitpunkt wollten: dieser Grat soll endlich ein Ende nehmen!

Etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels sind wir dann plötzlich aus dem Nebel gestiegen. Blauer Himmel. Kein Wind mehr. Bei traumhaftem Panorama stehen wir gemeinsam am Großglockner.

Auf dieser Tour sind wir nicht nur als Seilschaft gewachsen, sondern auch als Bergfreundinnen. Sie hat mich gelehrt, mehr Einfühlungsvermögen für den anderen zu entwickeln und ein Gespür dafür zu bekommen, was Vroni in schwierigen Situationen am Berg braucht.

Vroni:

Definitiv auch die Tour auf den Großglockner. Unser erster Versuch der Besteigung im Winter 2014 und unsere finale Besteigung über den Stüdlgrat im Sommer 2017 haben einfach auch deutlich gezeigt wie sehr wir als Seilschaft zusammengewachsen sind.

Habt ihr einen besonderen Bergfreundinnen-Tourentipp für uns?

Susi:

Was uns diesen Sommer besonders gut gefallen hat war die Königssee-Umrundung und die Hackenköpfe-Überschreitung am Wilden Kaiser. Ich hab dieses Jahr auch endlich den Biancograt gemacht und muss sagen: diese Linie ist wirklich so einmalig, wie immer gesagt wird.

Worin ist deine Bergfreundin ganz besonders stark am Berg? Was kannst du vielleicht noch von ihr lernen? Wie und wobei fordert sie dich heraus?

Susi:

Vroni handelt am Berg sehr systematisch und prozessorientiert – Informatikerin halt. Dadurch kann sie sich lange Touren sehr gut einteilen und hält fast alles durch. Und sie spricht auch offen an, wenn ihr etwas nicht passt. So habe ich von ihr gelernt, sensibler auf meine Bergpartner einzugehen und weiß, in welchen Situationen zum Beispiel gutes Zureden helfen und Sicherheit geben kann.

Vroni:

Wenn Susi sich etwas in den Kopf setzt, dann zieht sie es auch durch.
Sie stellt sich auch schweren Berg- und Klettertouren bei denen am Anfang nicht immer klar ist, ob man sie schafft.
Wenn wir dann gemeinsam unterwegs sind, kann es schon mal sein, dass auch mich diesen Herausforderungen stellen muss.

Was hat deine Bergfreundin glücklicherweise immer dabei?

Susi:

20 € für die Hütteneinkehr. Ich vergesse immer, Geld auf Touren mitzunehmen. Und weil wir beide immer extrem minimalistisch unterwegs sind und kaum was zum Essen einpacken, sind diese 20 € oft lebensrettend. Vroni leiht mir dann die Hälfte und ich gebe sie für Kuchen aus.

Vroni:

Ein paar warme extra Handschuhe. Da ich am Berg häufig eher schwitze und mir sehr warm ist, neige ich dazu mir zu wenig warme Kleidung einzupacken. Susi hat mir deshalb schon mehrmals aushelfen müssen, da ich die Kälte am Berg etwas unterschätzt habe.

Welche Situation kannst du mit deiner Bergfreundin besonders genießen?

Susi:

Mit Vroni machen mir besonders lange Trailrunning-Runden am meisten Spaß.

Gemeinsames Leiden, aber auch die Sicherheit, dass wir es zusammen irgendwie über den Tag schaffen, machen solche Touren immer zu etwas Besonderem.

Vroni:

Ich genieße jede gemeinsame Zeit am Berg. Egal ob beim Trailrunning, Bergsteigen oder Skitouren gehen. Dies ist in den letzten Jahren durch Partner und das berufliche Arbeitsumfeld eher selten geworden. Damit ist die gemeinsame Zeit am Berg sehr kostbar geworden.

Was bewunderst du an deiner Bergfreundin?

Susi:

Vroni ist eine unglaublich starke Person. Nicht nur am Berg, sondern auch abseits davon.

Egal, ob sich im Studium, im Job oder emotional ein Problem in den Weg stellt, Vroni stellt sich dagegen und hält durch. Sie lässt sich niemals unterkriegen. Das finde ich unglaublich beeindruckend.

Vroni:

Ich finde es bewundernswert, dass Susi vieles im Leben einfach umsetzt und nicht ewig darüber nachdenkt, was andere davon halten. Sie lässt sich da wenig beeinflussen und zieht ihr Ding und das wovon sie überzeugt ist durch.
Außerdem bewundere ich ihren Biss und das Durchhaltevermögen etwas durchzuziehen, auch wenn es mal unangenehm wird.

Was würdest du deiner Bergfreundin gerne mal sagen?

Susi:

Ich bin manchmal traurig, dass wir nicht mehr so viel Zeit zusammen verbringen wie während des Studiums. Mittlerweile haben wir beide Partner, ein Haus bzw. eine Wohnung, fixe Jobs und einfach weniger Zeit. Das finde ich an manchen Tagen sehr schade und ich hoffe, wir können in Zukunft wieder regelmäßiger zusammen unterwegs sein.

Vroni:

Ich finde es super wie wir uns in den letzten Jahren weiterentwickelt haben und wie wir trotz der vielen Ereignisse der letzten Jahre noch näher zusammengewachsen sind. Auch wenn wir momentan nur noch wenig Zeit finden gemeinsame Bergtouren zu gehen, habe ich trotzdem die Hoffnung, dass sich dies wieder ändert und wir wieder häufiger gemeinsame Touren unternehmen. Vor allem im kommenden Winter.

Welche gemeinsamen (Berg)Pläne habt ihr für die nahe und ferne Zukunft?

Susi:

Im Herbst wollen wir wieder einmal pro Woche zusammen ins Fitnessstudio gehen und gezielt am Muskelaufbau für die Skisaison arbeiten. Das macht uns richtig Spaß und von Vroni kann ich bezüglich Technik beim Gewichtheben immer einiges dazulernen. Ansonsten wollen wir im Winter wieder mehr Skitouren zusammen gehen und unsere Freundschaft auch abseits von den Bergen und Berghasen weiter vertiefen.

Vroni:

Wir sind beide nicht so die großen Planer. Vieles lassen wir auf uns zukommen und nutzen die Möglichkeiten, die sich gerade bieten.

Im Bergsport ist nicht jede Tour zu jeder Zeit möglich. Deshalb ist es sehr hilfreich, sich da nicht zu sehr auf etwas zu versteifen und die Tourenwahl spontan abhängig von den aktuellen Bedingungen zu treffen.

Fotos: Berghasen

Danke für das Interview, Vroni und Susi! 

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