Umwelt geht uns alle an | MMG Thema: Nachhaltigkeit beim Wintersport


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Die MMG-Nachhaltigkeitsexpertinnen Steffi und Anna teilen neben der Bergliebe ihren beruflichen Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen.

Wir Munich Mountain Girls sind in den Bergen, so oft es geht. Dabei wachsen wir gerne über uns hinaus, erreichen Gipfel und gesteckte Ziele, zu Fuß, auf Ski und mit dem Mountainbike.

Wir lieben es, draußen  unterwegs zu sein. Und wir lieben die Berge. Leider haben wir oft einen faden Beigeschmack im Gepäck:

Ist das, was wir in den Bergen tun und wie wir es tun mit dem Wunsch zu vereinbaren, unserer Umwelt möglichst wenig Schaden zuzufügen? 

Nachhaltiger Wintersport – geht das?

In unserer neuen Themenreihe wollen wir unsere Gedanken zu Umwelt und unserem Verhalten mit und in ihr teilen und zur Diskussion stellen.  

Im ersten Teil fragen wir uns, ob und wie sich Wintersport nachhaltiger gestalten lassen könnte, blicken auf die Klimaentwicklungen der letzten Jahrzehnte zurück und möchten euch aktivieren, eure politische Stimme zu nutzen.


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Traumwinter dank El Nina?

Wegen des Klimawandels sinkt die Wahrscheinlichkeit auf Schnee – zwar haben wir im Winter mehr Niederschläge, aber wegen der höheren Temperaturen eher als Tropfen als als Flocken. Von 1931 bis 2015 nahmen die Winterniederschläge in Süddeutschland um mehr als 20 Prozent zu – seit der Industrialisierung hat sich die Durchschnittstemperatur in den Alpen um zwei Grad erhöht.

Doch temporäre Wetterphänomene können trotzdem viel Schnee bringen – wie es im Winter 2018/2019 der Fall war. Was für den Tourismus schön war, kam zugleich mit einem großen Problem daher: aufgrund höherer Temperatur war der Schnee besonders dicht und damit besonders schwer. Darauf werden sich AlpenbewohnerInnen künftig einstellen müssen.


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Jahrhundert- oder Rekordwinter?

Für den kommenden Winter gibt’s Gemunkel um ein Phänomen names El Nina.

Gerade streiten sich MeteorologInnen, ob es bei uns Dank des pazifischen Phänomens einen Jahrhundertwinter mit viel Schnee oder einen Rekordwinter mit warmen Temperaturen geben wird.

Genaue Prognosen lassen sich erst kurzfristig treffen. Ideal für Natur und Gesellschaft wäre eigentlich ein moderater Winter.

Fest steht jedenfalls: Geschlossene Schneedecken über längere Zeiträume werden immer seltener, bis Ende dieses Jahrhunderts schätzungsweise um 70 Prozent! Auch jetzt schon reicht der natürliche Schnee nur noch in 30 bis 50 Prozent der bayerischen Skigebiete für Wintersport.

Gletscher schmelzen

Auf der Zugspitze sank beispielsweise von 1978 bis 2017 die durchschnittliche Schneehöhe von knapp 4 Meter auf knapp 2,5 Meter. Auch das ewige Eis ist heutzutage alles andere als stabil. Die Gletscher der Alpen schmelzen rapide – insbesondere in der Schweiz. So schmilzt der Aletschgletscher im Schweizer Wallis, der größte Gletscher der Alpen, um mehr als fünf Meter pro Jahr in den unteren Lagen.

Auch wenn es wirklich nicht rosig und nach einer nicht aufzuhaltenden Entwicklung aussieht, ist es wichtig, etwas zum Klimaschutz beitragen. Kleine Schritte sind ein Anfang, auch im Wintersport.

Kleiner Schritt eins: Equipment – Was brauchen wir wirklich?

Die meisten Wintersportarten sind einfach ausrüstungsintensiv. Doch müssen wir wirklich alles selbst besitzen? 

Neues Equipment killt Sommer wie Winter die Klimabilanz.

Altes, Gebrauchtes oder Geliehenes schneidet immer besser ab – egal wie groß der Anteil recycelter oder nachhaltiger Materialien ist. 

Wenn das Equipment neu sein soll, frag dich ehrlich: wie viele Nutzungstage wird das Teil wohl erleben? Werden es 100, vielleicht auch mehr? Super!

Wenn nicht: versuche so einzukaufen, dass sich die Teile verschieden einsetzen oder mit anderen teilen lassen.

Es ist zwar eigentlich offensichtlich, sei aber nochmal betont: wer selten fährt, kommt auch mit Wanderklamotten auf Ski klar, oder einer Jogginghose auf der Loipe. 


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Kleiner Schritt zwei: Wie kommen wir am grünsten in den Schnee?

Die Anfahrt ist der größte Klimafaktor beim Wintersport. Im Grunde gelten die gleichen einfachen Regeln wie im Sommer:

  • Lieber länger als Tagesausflüge
  • Lieber Öffis statt Auto
  • Lieber volles Auto statt leeres
  • Lieber ums Eck als um die Welt

Der CO2-Ausstoß pro Person und Kilometer ist im Auto fünf mal so hoch wie im Zug. Demnach ist das Auto ab drei Personen vertretbar – vorher eigentlich nicht.

Auch bei der Wahl der Region setzt jede:r von uns ein Zeichen. Das bedeutet aber nicht, dass wir in wochenlange Recherche abtauchen müssen, um zu entscheiden, wo der Winterurlaub tragbar ist. Es gibt die Verbünde der Bergsteigerdörfer oder die Alpine Pearls. Diese Regionen und Orte haben sich ökologische Standards gesetzt und bewusst gegen weiteren Ausbau zugunsten eines möglich umweltschonenden Tourismus entschlossen.

Andere Orte lassen sich kritisch hinterfragen: Müssen es Skigebiete mit Events auf Gletschern oder mit aktuellen Expansionsplänen sein? Welche Betriebe und welche Haltung wollen wir mit unserem Geld finanzieren?

Es gibt also ein paar Aspekte zu bedenken – wenn der nächste kleine oder große Winterurlaub ansteht. Doch ist das genug? Wir finden nicht!

Politisch werden

Wir stellen eine Möglichkeit vor, die eigene Stimme für politische Mitbestimmung für eine nachhaltige Entwicklung in den Alpen zu nutzen.

Unser Vorschlag zum Mitreden beim Thema Wintersport bezieht sich auf Expansionspläne, die zu Beginn des Jahres 2020 für ein großes Medienecho gesorgt haben: der geplante Zusammenschluss der Skigebiete Pitztal und Ötztal. 

Ihr erinnert euch? Als sogenannte “Gletscherehe” sollen die beiden Gebiete mittels größter Umbauten und damit Eingriffe in einen Naturraum verbunden werden. 

Doch der Blick in die Zukunft sieht nun mal aper aus. 

Genau deshalb sind Ausbauprojekte weder zeit- noch naturgemäß.

Derzeit überarbeiten die Gletscherbahnen Pitztal und Ötztal ihren Bauantrag – und das ist der perfekte Zeitpunkt, mal eben Bescheid zu geben, falls ihr euch wünscht, dass die Täler einen nachhaltigen Weg in die Zukunft wählen. Wir leben vielleicht nicht vor Ort, sind aber ganz klar die Zielgruppe dieses Projektes – Menschen mit Bergliebe und der Lust, möglichst viel draußen zu erleben. Das Argument für den Ausbau ist eine schwächelnde Tourismusstatistik –

doch wir finden sanften Tourismus rundum besser als Übererschließung, Skitouren sinnvoller als neue Skischaukeln. 


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Also mach mit!

Wenn du mit uns deine Stimme für nachhaltigen Tourismus platzieren willst, dann schreib doch einfach eine Mail an die Verantwortlichen

Hier ist unsere Position – vielleicht teilst du sie:

Wir als Munich Mountain Girls schließen uns in der Diskussion um den Ausbau und Zusammenschluss der Skigebiete Pitztal und Ötztal der internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, und damit der Einschätzung Werner Bätzings an.

Dessen Statement könnt ihr hier in voller Länge nachlesen, kurz gesagt geht es dabei um folgende Aspekte:

Die Ausbaupläne sind entstanden, ohne die 1983 durchgeführten Ausbauten hinsichtlich ihres Erfolges zu bewerten: schon damals hoffte man, mit mehr Liften, mehr Erschließung dem Tourismus im Pitztal einen Aufschwung zu ermöglichen.

Das Plädoyer Bätzings stellt klar die Frage danach, wie, und nicht ob sich der Tourismus im Pitztal neu ausrichten sollte: die Argumentation gegen den Ausbau ist keine gegen eine Besserung der ökonomischen Situation!

Niederschwellige Umstrukturierung ist das, was BergliebhaberInnen heute suchen – somit wäre eine Neuausrichtung Hand in Hand mit der Natur- und Kulturlandschaft die zukunftsweisende Option.

Raise your voice!

Liebe Leute im Pitztal,
ich schreibe diese Mail als Bergliebhaberin – denn ich verbringe den Großteil meiner Urlaubstage im Alpenraum und genieße die Schönheit der Natur wie nichts Anderes.
Jetzt, wo gerade die Pläne für die Neuausrichtung des Pitztals überarbeitet werden, möchte ich meine Stimme erheben: 
Bitte überdenken Sie den Impuls, dem Tourismus im Tal mit der sogenannten Gletscherehe Aufschwung zu verschaffen: für mich ist moderner Tourismus sanfter Tourismus. Großinfrastrukturen schrecken mich ab und ich empfinde deren Einrichtung als nicht zeitgemäß. So auch die Ausbaupläne, wie sie aktuell noch kommuniziert werden.
Ich bitte Sie, wählen Sie den modernen Weg hin zur Einfachheit – im Sinne Ihrer Zielgruppe, im Sinne der Natur und vor Allem im Sinne Ihres Tales. 
Beste Grüße