Bergfreundinnen beim Skitouren gehen in Georgien | Vorgeschichte und Organisation
Montag, 07.02.2020, 4:30 irgendwo zwischen Kutaissi und Mestia auf verschneiter Straße
Das Auto, in dem wir schon seit 3 Stunden eng eingepfercht sitzen, kommt langsam zum Stehen und wir schrecken aus unserem Dämmerschlaf auf.
Auf der tief verschneiten Straße liegt ein Baum quer und wir fragen uns, ob wir nun jemals in Mestia ankommen werden.
Doch unser Fahrer holt ein Abschleppband aus dem Kofferraum, befestigt es am Baum, und zerrt mit durchdrehenden Reifen zumindest so viele Äste von der Straße, dass er über den Rest des Ungetüms einfach drüber fahren kann.
Weiter geht die Fahrt im Schneckentempo durch den Kaukasus, bis wir endlich um 8 Uhr in der Früh mit eingefrorenen Füßen und steifen Gliedern in unserer Unterkunft in Mestia ankommen, wo wir mit heißem Tee und frisch gebratenen Eiern empfangen werden.
Jetzt, nach unserer Rückkehr von Georgien, versuche ich meine Eindrücke und die Erlebnisse in Worte zu fassen.
Ich bin immer noch ganz fasziniert von dieser Reise, von uns sechs Mädels, die wir unterschiedlicher nicht hätten sein können, davon wie jeder einen Part übernahm und wir uns gegenseitig unterstützt und zusammengehalten haben.
Neben einem Ski-Abenteuer in einem fremden Land war es wahrhaftig auch eine perfekte Bergfreundinnen-Geschichte.
Die Protagonistinnen der Reise
Tanja, 35
Tanja habe ich gleich am ersten Tag in Mestia kennen und schätzen gelernt, als wir im Café bei überzuckertem Kuchen und dünnem Tee saßen und uns Gedanken machten über die Touren der nächsten Tage und wie zum Teufel wir das Guide Office finden, dessen Adresse auf Google Maps keinen Treffer ergab.
Als erfahrene Bergfexin und Bergwanderführerin war sie mein wichtigster Sparring-Partner in punkto Planung und Einschätzung von Bedingungen, aber auch jemand, mit dem ich die volle Freude bei der Entdeckung von unberührten Powderhängen teilen konnte.
Hanna, 32
Hanna, meine Bettnachbarin, ist ein super entspanntes und liebes Mädel, die nur grantig wird, wenn der Aufstieg bei Wind und Schneefall einfach nicht enden mag.
Als die Skifahr-Queen unserer Truppe begeisterte sie uns immer wieder mit ihren dynamischen Turns und (teilweise ungewollten) kleinen Jumps und performte bei unserer Powder-Bild Session.
Sie war auch die einzige, der der Haushund der Villa Mestia gehorchte.
Maia, 28
Maia, unser Nesthäkchen, ist eine Person, die so offen und unbeschwert durchs Leben geht, dass man nur fasziniert zuschauen kann.
Teilweise zum Haare raufen, aber immer mit bestechendem Charme quatschte sie jeden an, der uns über den Weg lief. Mit dem Ergebnis, dass wir bereits an Tag zwei viele Whatsapp-Kontakte hatten, die wir bei jeder Gelegenheit anzapfen konnten – ob für Tourentipps, Guide-Kontakte oder Fahrer – und am Ende unserer Reise in Mestia berühmt berüchtigt als die Gruppe der „six German girls“ sogar eine private Abschiedsparty für uns organisiert wurde.
Tina, 34
Tina war die Aufstiegsqueen in unserer Gruppe. Mit ihren „Pommes“, etwas in die Jahre gekommenen K2 Tourenskiern, wäre sie jede Tour auch zweimal gegangen. Auch sonst begeisterte sie uns mit ihrer kreativen und besonderen Art, und verteilte ihre Herzlichkeit freizügig an jeden in der Gruppe, einschließlich den ganzen wildfremden Hunden, die uns bereitwillig auf unseren Touren begleiteten.
Als sie an unserer Abschiedsparty das Zepter am Mischpult mit coolen Elektrobeats übernahm, waren wir endgültig baff.
Lena, 30
Lena, erst seit 2 Jahren überhaupt mit dem Splitboard unterwegs, begeisterte mit ihrer Hands-On Mentalität und ihrem ansteckenden Lachen nicht nur uns, sondern auch die Männerwelt in Georgien.
Immer für jeden Spaß zu haben, teilte sie bereitwillig jede Rotweinflasche und zog uns alle beim Kartenspielen ab.
Allerdings wäre sie immer noch dort, wenn Tina sie nicht aus dem Baum befreit hätte, in dem sie sich hoffnungslos mit ihrem Board und den Stöcken verheddert hatte.
Helen, 35
Ich hatte von Anfang an klar gestellt, dass ich weder die Chefin noch die Haupt-Organisatorin der Reise sein würde, lediglich die Initiatorin.
Ich hatte keinerlei Erwartungshaltung an diese Reise oder die Touren, und war mir sicher, dass sich einiges vor Ort ergeben würde, auch je nach Schneebedingungen und Wetter – was schlussendlich genau die richtige Einstellung und Herangehensweise war.
Zusätzlich betätigte ich mich als Paparazzi und Berichterstatterin, um alle anderen Zuhausegebliebenen ordentlich neidisch zu machen.
Wie alles begann
Die Idee, nach Georgien zu fliegen zum Skifahren, hatte sich letztes Jahr bei mir konkretisiert. In immer mehr Skifilmen wurde das Land gefeatured und ein Kumpel fragte, ob ich mit nach Bakhmaro zum Catskiing fahren würde. 2.300 € war mir für eine Woche dann aber doch zu teuer, und ich dachte mir, dass das doch auch auf eigene Faust und günstiger gehen müsste. Allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt keinerlei Ahnung, und auch niemanden, der mit mir dahingehen wollte. In einem Anflug von Abenteuerlust postete ich also im November in der MMG Gruppe, ob jemand Infos hätte oder sogar Lust, im Februar für eine Woche mitzukommen. Mit der Resonanz, die der Post bekam, hätte ich nicht gerechnet! Beim ersten Treffen waren wir zu zwölft – so viele Mädels, dass wir uns gegenseitig vom einen Tischende zum anderen zurufen mussten. Ich dachte mir, dass es ein heilloses Chaos werden würde. Aber wie so oft, haben sich die Dinge intuitiv ergeben. Zuerst einigten wir uns in einem etwas unübersichtlichen Doodle auf einen Zeitraum. Dann entschieden wir uns für Mestia / Ushguli, da Tanjas Freund bereits das Jahr zuvor dort eine Woche verbracht hatte, und uns gute Tipps und Kartenmaterial an die Hand geben konnte.
Vor Weihnachten kristallisierte sich dann das Kernteam von 8 Mädels heraus, als es darum ging, den Flug zu buchen. Wir organisierten uns mit Doodles und Google Doks, um Infos über Unterkünfte, Guides und Fahrer zu sammeln und einen groben Plan aufzustellen. Zwei Treffen fanden noch statt, in denen wir uns gegenseitig etwas mehr beschnupperten und von unseren Erfahrungen / Erwartungen berichteten. Dann drückten wir alle die Daumen für Schnee, der in der Region genauso mau war im Januar wie in den Alpen. Als es die Woche vorher dann jedoch noch gute 2 Meter schneite, waren wir außer Rand und Band, und statt den 95ern wurden die 108er Ski eingepackt.
Leider mussten dann zwei von uns den Flug noch kurzfristig aufgrund von Verletzungen stornieren, und so standen wir dann zu guter Letzt zu sechst am Allgäu Airport Express voller Vorfreude.
Die Facts der Reise
- Direktflug von Memmingen nach Kutaissi mit Wizzair ca. 230 € inkl. Sportgepäck, ABS Rucksack kein Problem
- Unterkunft in Mestia: Villa Mestia, ca. 30 € pro Person pro Nacht inkl. Halbpension
- Unterkunft in Ushguli: Villa Lileo, ca. 40 € pro Person pro Nacht inkl. Halbpension
- Fahrer über einen Kontakt der Unterkünfte oder des Guide Office, Preise je nach Strecke
- Guides über Georgia Guide Office, 250€ pro Tag
- Gruppen von 5-7 Leuten sind eine ideale Größe, um sich die Kosten für Guides und Fahrer zu teilen
- Skigebiete in Mestia: Hatsvali und Tetnuldi, jeweils 12€ Tagespass
- Kartenmaterial im Guide Office erhältlich
- Kein online Lawinenbericht, aber vor Ort im Skigebiet werden Warnstufen ausgegeben
Was weiter geschah
Zehn Tage verbrachten die sechs Bergfreundinnen in den Bergen Georgiens.
Ob die dortigen Bedingungen ihre Erwartungen erfüllt haben und welchen Eindruck sie von Land und Leuten erlangt haben lest ihr in Teil 2 von Helens Reisebericht.