Alternativen zum Biwak in den Bergen

Kurz nachdem der Alpenverein grünes Licht für Post-Corona-Lockdown-Bergtouren gegeben hat, saß ich zum Sonnenuntergang auf einem bayrischen Voralpengipfel. Es war gut was los da oben, vielleicht so 15 weitere Wanderer, die wie ich ihre Feierabend-Brotzeit mit Walchensee- und Herzogstand-Blick genossen.

Als die Sonne weg war und ich mich zum Rückweg satteln wollte, traute ich meinen Augen nicht.

Hinter mir war in der Zwischenzeit ein Lager entstanden. Ein Zelt stand da, daneben lagen Isomatten und am Gipfelkreuz-Sockel zündete jemand einen Kocher an. Ein paar Höhenmeter tiefer dann ein weiteres Zelt, weitere Isomatten, weitere Gaskocher.

Übernachtungsnotlage

Die bayerischen Hütten hatten noch nicht für Übernachtungen geöffnet, die Luft war sommerwarm, die Tage lang – die Vorstellung, unter dem sternenklaren Himmel zu schlafen und morgens vom Vogelzwitschern aufzuwachen bringt auch mich ins Schwärmen.

Gleichzeitig sehe ich die Aussagen von Almwirten und Bergdorfbürgermeistern vor Augen: Die Berge sind zu voll. Auch Nachts.

Verbotenes Biwak

Mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ist schnell klar: Wer in den Bergen schläft läuft nicht nur Gefahr, womöglich in einem Tier- oder Pflanzenschutzgebiet zu liegen, sondern verstößt gegen Gesetze.

Einzig erlaubt ist das „alpine Biwakieren“, also das ungeplante Notbiwak, zu dem Einzelpersonen im Falle einer Verletzung, eines Schlechtwettereinbruchs oder bei Dunkelheit gezwungen sind. Selten hat man da Zelt und Kocher dabei.

Alle anderen Formen des Übernachtens in den Bergen (also alle geplanten Übernachtungen, egal ob mit Zelt oder nur mit Schlafsack) sind nicht erlaubt, werden maximal toleriert und z.B. in manchen Österreichischen Bundesländern mit bis zu 14.500 € Geldstrafe belegt.

Den Antworten auf „Darf ich in den Bergen im Freien übernachten?“ widmet sich eine Folge von #DAVtalk, dem Youtube-Format des Deutschen Alpenvereins.

Aber auch ohne die Vorstellung von einer romantischen Nacht unter dem Sternenhimmel verabschieden zu müssen, gibt es Möglichkeiten, ganz legal draußen zu schlafen.

1. Auf einem Privatgrundstück

Vielleicht hat der Bruder vom Onkel des Freundes ein Seegrundstück mit Bergblick und du fragst, ob du dort deine Matte ausrollen darfst? Vielleicht hat der andere Bruder eine Almhütte und er lässt dich auf seiner Wiese übernachten? Höre dich ein bisschen um und sei nicht auf den Gipfelschlafplatz fixiert – ungestört  auf Privatgrund beim Uferplätschern eines Sees wegzudämmern ist auch sehr wunderbar. Bei Zeltzuhause, park4night, vansite oder im Landvergnügen-Campingführer findest du Zelt- und Camper-Plätze auf Privatgrundstücken.

Was gar nicht geht: Eine „verlassene Hütte“ oder eine Wiese am See entdecken und sich dort niederlassen. Auch vermeintlich einsame Orte gehören irgend jemandem, und dieser jemand möchte und soll nicht deinen Dreck wegräumen. Und auch nicht entdecken müssen, dass jemand in seinem Kräuterbeet geschlafen und auf seiner Terrasse gegrillt hat.

2. Auf einem autofreien Campingplatz oder Almgelände

Nicht jeder öffentliche Campingplatz ist mit meterlangen Wohnburgen vollgestellt. Es gibt auch wunderbare, sehr naturnahe, autofreie Campingplätze – wie zum Beispiel die Campinginsel Buchau im Staffelsee und Camping Seebauer im Chiemgau, wo du direkt vom Berg oder See in deinen Schlafsack oder deine Hängematte rollen kannst. Dort gibt es dann auch Toiletten und vielleicht sogar einen Frühstückssemmelservice.

Auch an manchen privat bewirtschafteten Hütten, wie z.B. auf dem Gelände der Gjaidalm am Dachsteinplateau, darfst du ebenfalls dein Zelt aufschlagen, kannst in der Hütte die sanitären Einrichtungen nutzen und dich verpflegen lassen.

3. Auf einem Zelt-Trekking-Platz

Einige Regionen bzw. deren (Forst)Behörden haben Zelt-Trekking-Plätze eingerichtet, wo man ganz legal seine Heringe in den Boden rammen darf. Das sind naturnahe Campingplätze, die in Deutschland vor allem in den Mittelgebirgen und Nationalparks liegen. Sie sind ausschließlich zu Fuß zu erreichen und befinden sich unter anderem im Naturpark Frankenwald, in der Eifel und der Sächsischen Schweiz. Also warum nicht mal zum Klettern nach Sachsen statt in die Bayrischen Alpen?

4. Auf Wanderparkplätzen mit Übernachtungserlaubnis

Wenn du mit dem Camper unterwegs bist, stell dich nicht irgendwo hin, wo es gerade besonders schön ist, sondern recherchiere Parkplätze mit Übernachtungserlaubnis . Davon gibt es nämlich gar nicht so wenige.

 

Du schläfst zum Beispiel an einem Bach oder am Waldrand und kannst noch vor allen anderen zur Sonnenaufgangstour starten. Dies ist zum Beispiel auf vielen Wanderparkplätzen der Gemeinde Kreuth möglich.

5. Auf (d)einem Balkon

Warum nicht mal zuhause bleiben und trotzdem draußen sein? In meiner ersten WG nach dem Abi hatte ich ein winziges Zimmer, aber einen großen Balkon. Im Sommer konnte ich die Matratze einfach nach draußen ziehen und habe wochenlang fast ausschließlich am Balkon geschlafen. Unter dem Sternenhimmel einschlafen, mit dem ersten Vogelzwitschern aufwachen – das geht auch in der Stadt!

6. … oder da, wo Wildcampen erlaubt ist

In Nordeuropa gilt das Jedermannsrecht. Dieses erlaubt die freie „Nutzung“ der Natur, aber an die Jedermannspflichten halten muss man sich. Beeren und Pflanzen, die nicht unter Naturschutz stehen, dürfen geerntet werden, es darf so gut wie überall außer in Nationalparks gecampt und in den meisten Gebieten auch offenes Feuer gemacht werden – so lange die Umwelt dabei nicht zu schaden kommt.

Im weiten Lappland oder in den Norwegischen Fjorden ist jede Menge Platz für einsame Campingabenteuer! Vielleicht hilft dir dieses Wissen schonmal bei der Planung des nächsten Sommers?

{ Dieser Beitrag beinhaltet keine Werbung sondern besteht ausschließlich aus persönlichen Empfehlungen }






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