Bergsteigen mit Höhenangst – Höhenangst Training am Steinfalk


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Caro (27), Sportmanagerin, weiß sich in ihrer Freizeit stets mit schönen Dingen zu beschäftigen: Wandern, Rennradfahren, Mountainbiken und im Winter ganz viel Ski fahren.

 

„Am Gipfel des Berges sitzen und die unendliche Fernsicht genießen – so romantisch stellt sich doch jeder Berggänger den Höhepunkt seiner Tour vor“

Aber was, wenn man die Aussicht vor lauter Unbehagen vor den Abgründen um sich herum nicht wirklich genießen kann?

Oder gar nicht erst so weit kommt, weil man sich unterwegs seiner Höhenangst geschlagen geben und umkehren muss? 

Vielleicht wäre der Gipfel im Rahmen deiner Möglichkeiten gewesen – und nur dein Kopf hat verrückt gespielt…

Munich Mountain Girl Caro berichtet dir von unserem Höhenangst-Training im Karwendel.

Im Rahmen unserer Kooperation mit der DAV Sektion Oberland bekamen die Munich Mountain Girls im Juni die Gelegenheit, mit Bergführer Winni ein Höhenangst-Training zu absolvieren.  

Wir besuchten die schöne, denkmalgeschützte Falkenhütte im Karwendel und nutzten die Bergtour auf den Steinfalk als Trainingsgebiet.

Diese Wanderung hat 2-3 ausgesetzte Stellen zu bieten und einige, an denen wir Hand anlegen und im leichten 1.-2. Grad klettern mussten.

Das Höhenangst-Training unter Frauen war für uns etwas Besonderes, weil wir ausgiebig und offen über die Herausforderungen am Berg sprechen konnten, die uns teilweise schon jahrelang begleiten.

An diesem Wochenende haben wir unsere bisherigen Erfahrungen ausgetauscht, vor allem aber mutig die eigenen Grenzen ausgetestet und uns wertvolle Tipps und Tricks vom Fachmann einholen können.

Stichworte von Bergführer Winni waren vor allem

  • “Trittsicherheit gewinnen”
  • “Komfort-, Lern- und Panikzone einschätzen können”
  • “Komfortzone verlassen”
  • “inneres Wohlbefinden am Berg schaffen”

Vorbereitung auf das Training: das 3-Zonen-Modell zur besseren Einschätzung der eigenen Angst

Schon einige Zeit im Voraus wurde uns der „Übungsberg“ für das Höhenangsttraining verkündet: Auf den Steinfalk (2.347m) sollte es gehen, eine schwarze Bergtour, natürlich.

Nach einigen spektakulär und sehr ausgesetzt aussehenden Google-Bildern stieg die allgemeine Anspannung etwas an 🙂

Am Abend vor der Tour saßen die sieben teilnehmenden Munich Mountain Girls, Verena von der DAV Sektion Oberland und Bergführer Winni in der Stube der Falkenhütte zusammen und besprachen die Tour.

Winni erklärte, dass sich genau dieser Gipfel besonders für unsere Übung eignet, da wir fast die ganze Zeit über einen uneingeschränkten Tiefblick ins Tal haben werden. Diese Info hat unsere Nervosität nicht wirklich beseitigt 😉

Anhand eines 3-Zonen-Modells erklärte Winni, dass Angst generell nichts Schlimmes bedeutet.

„Angst bewahrt dich schließlich davor, leichtsinnig zu handeln – und das ist grundsätzlich erst einmal gut.“

Wenn die Angst allerdings in Momenten auftritt, in denen sie objektiv gesehen nicht unbedingt begründet ist, ist sie eher hinderlich.

Dann könntest du nämlich etwas erreichen, was dich weiterbringt – und tust es nicht, weil sich dein Kopf dazwischen schaltet und dir das Vorhaben ausredet.

Genau dann kannst du lernen, mit der Angst umzugehen: Optimalerweise befindest du dich dann in der Lernzone (nicht mehr in der Komfortzone, wo du dich pudelwohl fühlst) – und noch nicht in der Panikzone.

Das sind die drei Zonen des Modells – das zugegebenermaßen kein hoch-wissenschaftliches Modell ist, aber in der Realität richtig gut hilft.

Wir haben es am nächsten Tag ausprobiert und uns an jeder Stelle der Tour selbst befragt, in welcher Zone wir uns wohl gerade befinden. Allein diese Erkenntnis hilft schon bei der eigenen Einschätzung. 

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# 1 Das Höhenangst-Training am Steinfalk – die Wohlfühl-Übung

Die erste Übung, die uns Bergführer Winni am nächsten Tag gab, war die “Wohlfühl-Übung”: vor Beginn der Tour sollten wir uns einen Ort vorstellen, an dem wir uns ganz besonders wohl und geborgen fühlen.

Wir kamen auf Orte wie „Hängematte am See“ oder „mit einer Picknickdecke auf der Wiese“ – und sollten uns einige Minuten lang richtig in dieses Bild hineinversetzen. Mit dem ganzen Körper dieses wohlige Gefühl spüren. 

Ziel dieser Übung ist es, sich in Momenten, in denen du schon ein leichtes Unbehagen spürst, genau in dieses Bild hineinzufühlen.

So kannst du die “Angst im Anflug” ein wenig zurückdrängen. Das hat bei uns allen wunderbar funktioniert. 

# 2 Das Höhenangst-Training am Steinfalk – ab und zu „tiefblicken“

Winni erklärte uns auch, dass ein Tiefblick ins Tal ab und zu förderlich für zukünftige Bergtouren ist.

So gewöhnst du den Kopf nach und nach an diese Aussicht und musst nicht jedes Mal auf’s Neue dieselbe Angst spüren.

Gehe deine Tour also nicht komplett mit Scheuklappen, sondern bleibe ab und zu (an sicheren Stellen) stehen, und übe dich im Tiefblicken.

#3 Das Höhenangst-Training am Steinfalk – Trittsicherheit gewinnen

Wenn du schon vorab weißt, dass die Tour an manchen Stellen für dich herausfordernd sein wird, übe dich von Anfang an in der Trittsicherheit.

Das bedeutet, auf dem noch breiten Wander- oder Forstweg nicht herumzuhampeln oder herumzuhüpfen, sondern gleichmäßig den ganzen Fuß aufzusetzen.

„Stabiles Gehen und Stehen sind wichtig, damit du dich im weiteren Verlauf der Tour sicher am Berg fühlst.“

Gerade dann, wenn der Weg schmaler – und vielleicht rechts und links von dir abschüssig wird. So wirst du dich auf deinen zwei Beinen immer noch sicher fühlen, wenn sich langsam das flaue Gefühl im Magen anbahnt. Schließlich bist du die Stunden davor auch absolut stabil gegangen.

Das mag sich vielleicht “trivial” anhören – ist in der Praxis aber eine wunderbare Übung für deine eigene innere Sicherheit. 

# 4 Das Höhenangst-Training am Steinfalk – innerlich Sicherheits-Sätze aufsagen

Bergführer Winni gab uns noch eine weitere Übung zur Eindämmung der Höhenangst an die Hand: „Sicherheits-Sätze“.

Du kannst dir ähnlich wie bei der Wohlfühl-Bild-Übung auch innerlich Sätze wiederholt aufsagen.

Das kann zum Beispiel sein

  • “ich fühle mich hier sicher und geborgen”
  • “ich passe auf mich auf”
  • “ich weiß, dass ich meinem Körper und meinem Können vertrauen kann”  

Diese Sätze stärken dein Selbstbewusstsein am Berg – egal in welcher Situation du auch bist.

Tipp von Winni – Was tun, wenn ich mit jemandem unterwegs bin, der in Panik gerät?

Es kann vorkommen, dass du selbst vielleicht nicht an Höhenangst leidest – aber mit jemandem unterwegs bist, der plötzlich große Angst bekommt. Was tun?

Laut Winni ist “Ruhe bewahren” in solchen Situationen das A und O.

Am besten schirmst du als Erstes den Abgrund mit dem eigenen Körper ab (sofern das möglich ist), so dass die Person die Tiefe nicht mehr sieht.

Dann auf jeden Fall gut zureden, die Person eine Pause machen lassen und dadurch Sicherheit vermitteln. Hier kannst du auch das Wohlfühl-Bild anregen.

Praktische Hilfe kannst du ihr dann anbieten, wenn sie sich wieder etwas beruhigt hat: indem du die nächsten Tritte im Fels aufzeigst und vielleicht auch die Hand gibst, wenn es die Wegbeschaffenheit zulässt.  

Tipp von Winni – Woher weiß ich, dass jemand, der schon zu Anfang der Wanderung ein mulmiges Gefühl hat, auch sicher wieder herunterkommt?

Sollte ich diese Person dann auch wirklich mit an den Berg nehmen?

Winni weiß dazu Rat aus seiner Erfahrung: Wenn diese Person trotz Angst koordinativ in der Lage ist, normal und sicher zu gehen, dann kannst du davon ausgehen, dass die Person auch sicher wieder vom Berg kommt.

Wenn sie schon von Anfang an wankt und unsicher geht, solltest du ihr von der Tour eher abraten bzw sie vor den “Schlüsselstellen” umkehren lassen.

Tipp von Winni – Personen während der Wanderung beobachten

Sehr hilfreich ist es also, wenn du dir den Gang der Mitwanderer schon beim Losgehen genauer ansiehst.

Wenn sie schon Angst haben, aber trotzdem sicher und stabil gehen, kannst du davon ausgehen, dass sie sich in der Lernzone befinden. Dann werden bei der Tour eher die eigenen Grenzen überschritten und auf gute Art und Weise gelernt.

Mein Fazit zum Höhenangst Training

Mit gegenseitiger Motivation und Engelsgeduld von Bergführer Winni haben wir es natürlich alle auf den Steinfalk geschafft. An ein paar Stellen gab es vielleicht vereinzelt ein paar weiche Knie, aber wir sind alle sicher hoch und stolz wieder herunter gekommen.

Die Übungen haben sich als absolut erfolg- und hilfreich erwiesen. 

Vor allem dann, wenn die Angst in der Lernzone ist und du “nur” mit ihr umzugehen lernen musst.

Was wir aus diesem Höhenangst Training mitgenommen haben

  • Hilfreiche Übungen, die wir für uns selbst anwenden können

  • Tipps, wie wir Anderen helfen und in Ernstfällen reagieren können
  • … dass es absolut keine Schande ist, wenn man selbst von Höhenangst betroffen ist und das offen zugibt

Vielen Dank nochmal, Winni!

Notiz am Rande

Keine von uns Munich Mountain Girls leidet an akutem Schwindelgefühl in der Höhe oder schlimmer Höhenangst. Wenn du bereits weißt, dass es dir bei ausgesetzten Stellen ernsthaft schwindelig wird, versuche dich in kleinen Schritten zu üben, also in die Lernzone zu kommen – und absolut die Panikzone zu vermeiden.  Vielleicht ist für dich und dein Glück am Berg auch ganz normales Wandern auf breiteren Wegen ausreichend.

Lass dich nicht verführen, in Gebiete zu gehen, in die du eigentlich nicht willst, weil sie dich schon beim Lesen und Vorab-Informieren in Panik versetzen.

Jede von uns MMG informiert sich selbst über anstehende Touren und entscheidet selbst, wie weit sie gehen kann. Panik bringt niemanden weiter 😉

 

{ Werbung | bezahlter Beitrag | die Munich Mountain Girls wurden von der DAV Sektion Oberland eingeladen. Unsere persönliche Meinung beeinflusst das nicht. }

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Caro Laska

Munich Mountain Girl

Caro lebt seit 7 Jahren (mit 2-jähriger Salzburgunterbrechung) in München und ist kürzlich mit ihrem Sportmanagement-Studium fertig geworden. In ihrer Freizeit nutzt sie jede freie Minute, um die Berge mit dem Rad, mit Ski oder zu Fuß zu erkunden. Vor allem Sonnenaufgangs- oder untergangstouren stehen bei ihr ganz hoch im Kurs.
Caro auf Instagram:






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