Stärker nach Sportverletzungen


hanna-hoermann
Hanna arbeitet in der Outdoorbranche, widmet ihre gesamte Freizeit den Bergen – und ist quasi schon ihr ganzes Leben lang dort unterwegs: beim Skitourengehen, Wandern oder Klettern. Seit 2018 ist sie Teil der Munichmountaingirls und freut sich auf unzählige weitere Bergabenteuer!

 

Sportverletzungen nerven – logisch. Aber sie kommen vor. Abgesehen von den Schmerzen kann so eine Zwangspause auch ganz schön die Laune drücken. Wie die Munich Mountain Girls Katharina, Hanna und Philine sich durch diese nicht ganz einfache Zeit nach einer Sportverletzung gekämpft haben, erzählen sie hier.

Nur nicht aufgeben!

„Der Kopf bestimmt und manchmal nützt das ganze Quälen nichts – das Ergebnis bleibt dasselbe: kein Fortschritt. Lenkt man sich ab oder gönnt sich eine Pause, klappts danach besser als vorher. Positive Einstellung fördert die Heilung, ganz klar! Und Willenskraft versetzt Berge – aber leicht ist das echt nicht immer… „

… sagt Munich Mountain Girl Katharina.

Sie hatte für sich sofort nach der Diagnose Kreuzbandriss für sich beschlossen: „Ich will mich durch den Unfall nicht einschränken lassen und zurück in die Berge, egal wie lange es dauert!“

Obwohl ihre Wunde nach der OP verhältnismäßig gut heilt – Katharina geht’s erstmal ziemlich dreckig. Sie kann nicht schlafen, würde das Coolpack lieber gegen Schnee tauschen und die Tatsache, dass sie als Selbständige gut bezahlte Jobs absagen musste, geht an die mentale Substanz.

Fünf Wochen nach dem Unfall berühren ihre Füße zum ersten Mail wieder Berg-Boden – 2,5 km Winterwanderweg im Schneckentempo treiben ihr Tränen in die Augen.

Sie lernt im Heilungsprozess (den sie ausführlich auf ihrem Blog beschreibt), sich Zeit zu lassen, Geduld zu haben, den Körper nicht zu zwingen sondern seine Zeichen zu deuten.

Ganz langsam fängt sie mit kleineren Wanderungen an, ihr neues Knie ans Bergsteigen zu gewöhnen und hat fünf Monate nach der OP schon wieder 10.000 Höhenmeter auf dem Kreuzband-Konto. „AUFGEBEN TUAT MA NUA AN BRIEF“ ist das Motto!

Besser auf Bedenken hören?

„Dienstagabend, 20 Uhr in einer Münchener Kletterhalle. Nach dem Aufwärmen steige ich in einen leichten Überhang ein. Nichts risikoreiches, ich bin schon schwerer geklettert und fühle mich gut aufgehoben bei meinem Sicherungspartner. Nach der dritten Zwischensicherung stürze ich. Zuerst habe ich Bedenken, es nochmal zu versuchen. In meinem Kopf schwirren Gedanken wie ‚Die vierte Zwischensicherung ist ungeschickt zum Einhängen‘ oder ‚Der linke Griff ist schon weit weg geschraubt‘. Innerlich schüttele ich diese Zweifel weg. Ich atme kurz durch und steige wieder in die Wand ein. Wieder falle ich nach der dritten Zwischensicherung und spüre sofort, dass es diesmal anders ist. Mit meinem linken Fuß bin ich auf ein aus der Wand ragendes Volumen gefallen. Mein Knöchel tut weh. Mein Kletterpartner lässt mich ab und zieht mir vorsichtig den Schuh aus. Er will den Knöchel anfassen, um zu sehen, ob er anschwillt. Mit einem Eisbeutel ziehe ich mich ins Bistro zurück, um die Wunden zu lecken. Nach einer Viertelstunde weicht das Adrenalin. War es vielleicht doch nur der Schock? Ich gehe noch ein paar leichte Routen, bin aber unsicher. Ist es wirklich mein Schmerz oder bin ich nur übervorsichtig?“

Immer im falschen Moment

Hanna stürzt beim Klettern und im MRT stellt sich heraus: Der Knöchel ist angebrochen! Mit Krücken und Schiene ausgestattet und den Tränen nahe verlässt sie die Arztpraxis. Zwei Wochen auf Krücken und ohne Sport, vier Wochen Schiene mit vorsichtigem Klettertraining (Hangboard, Toprope in der Halle in leichten Routen) folgen – kein Jogging oder Gehen und vor allem: AUF KEINEN FALL STÜRZEN! Dies würde unmittelbar zu einem Ermüdungsbruch führen – und das sechs Wochen, bevor sie ihr Kletter-Jahresprojekt (alpine Mehrseillänge im siebten UIAA-Grad im Wilden Kaiser) realisieren will. Plötzlich scheint das Ziel, auf das sie Monate hingearbeitet hatte, unerreichbar.

Leichtes Training am Campusboard, backen und Ablenkung durch ihren Umzug in eine neue Stadt helfen der Laune wenigstens ein bisschen. Aber die Berge fehlen sehr!

Zurück am Fels

„Nach ein paar Wochen war es dann soweit: Das Wochenende im Wilden Kaiser. Damit meine Kletterpartner mich nicht sofort wieder nach Hause schicken würden, erzählte ich während des Zustiegs zum Fels einfach niemandem vom noch nicht bergerprobten Fuß. Am Einstieg in die gut abgesicherte Mehrseillänge „Free Willy“, 7- ließ ich die Katze aus dem Sack – und beförderte damit meine Kletterpartner zum Dauervorsteiger. Klettern im Nachstieg – also mit Sicherung von oben – traute ich meinem Fuß inzwischen zu. Auch in den für mich schweren Graden. Das größte Problem war das Gehen in weglosem Gelände und über Geröllfelder.

 

Dieses Wochenende am Wilden Kaiser wirkt wie eine Befreiung auf sie. Sie kann ihren Problemknöchel endlich als Teil von sich akzeptieren und diese Mischung aus Wut und Hass auf sie selbst verblasst langsam. Natürlich kann sie nicht die von sich gewohnte Leistung abliefern, ein tolles Bergwochenende hat sie trotzdem.

Sie hat gelernt, dass Wut nicht zu einer schnelleren Genesung führt: „Das hat mich zu einem entspannteren Menschen gemacht!“

Fotos von Hanna beim Klettern: Erika Spengler

Beim Gehen verletzt

Philine wird in ihrem Surfurlaub im September voll aus dem Flow gerissen. Nicht etwa wegen eines Unfalls im Wasser, sondern einfach, weil sie beim über die Straße gehen stolpert. Diagnose: Bänder- und Muskelriss im Ellenbogen, Bänderanriss im Fuß.

„Wird schon wieder“ ist ihr erster Gedanke.

„Der erste Orthopäde hat mir einen vollen Dämpfer verpasst. Nie wieder Surfen oder Klettern, ein halbes Jahr komplette Sportpause.“

Diese Einschätzung akzeptiert sie nicht eine Sekunde lang. Sie sucht sich einen Orthopäden, der Profi für Armverletzungen ist, dann geht sie zur Physio.

„Mein Tagesablauf war: Schlafen, Reha, Essen, Arbeiten, Reha. Ich habe geackert wie ein Profisportler, nur dass ich nebenher 40h die Woche arbeiten musste. Nach sechs Wochen hatte ich die Freigabe zum Klettern. Nach 8 habe ich die ersten Liegestütze gemacht.“

Viel Selbstliebe

Philine glaubt, dass das Wichtigste ist, die Reha zur Priorität Nummer eins zu machen. „Habe ich zugenommen, weil ich keinen Ausdauersportler gemacht habe? Ja! Hat meine generelle Fitness abgenommen? Ja! Aber heute ist mein Arm bei 100% Beweglichkeit und Leistung.

Priorität Nummer zwei:

„Mich selbst weiter zu lieben. Nicht sauer zu sein, auf den Körper, der nicht leistet. Dafür habe Ich viel meditiert und mir viel Gutes getan: Badewanne, Schoki, usw. Davon profitiere ich jetzt auch im gesunden Zustand!“