Bikepacking in Schweden | MMG x Focus
Malerische Landschaften mit roten Häuschen, eine sanfte Brise vom Meer und alle paar Meter eine Zimtschnecke – wenn du bei diesen Bildern an Schweden denkst, liegst du goldrichtig.
So ist auch meine, Stefanies, Vorstellung. Ich habe unter anderem in Stockholm studiert und bin die ganze Pandemie lang nicht in diese damals so lieb gewonnene zweite Heimat zurückgekehrt. Das sollte sich im Sommer 2022 endlich ändern. Genauso wie die Art des Reisens. “Mit dem Rad nach Stockholm” statt schnell hoch fliegen war der Gedanke.
Die Randparameter des Projektes: Drei Wochen, Ein Focus Atlas 6.8, Campingzeug und möglichst wenig Vorausplanung.
Was dann wirklich passierte: Drei Wochen, davon eine mit MMG-Freundin Marta zusammen, Ein Focus Atlas 6.8 und ein Mares 9.9, Campingszeug nur auf Steffis Atlas und doch ein paar Planungen.
Vor der Tour
Fitness
Ich bin erst im Frühjahr 2022 auf den Graveltrend aufgesprungen und hatte im Gegensatz zu Marta, die schon seit zwei Jahren mit ihrem Focus Mares unterwegs ist, ein wenig Sattel-Training nachzuholen.
“Radfahren trainiert man am besten mit Radfahren” dachte ich mir und machte nach ein paar kürzeren Radausflügen an einem langen Wochenende im Mai eine dreitägige Alpenüberquerung von München über den Brenner nach Bozen.
“Wenns drei Tage gut geht, werden auch drei Wochen gehen.” Es ging drei Tage gut.
Fahrrad
Da es bei der Alpenüberquerung im Nacken zwackte und die Füße taub wurden, fuhr ich mit meinem Atlas zum Bikefitting. Dort wurden Sitzposition und Vorbau des Fahrrads an meinen Körper angepasst, außerdem der Sattel getauscht (vom schmalen, dem Rad mitgelieferten Standardsattel in einen 610 von SQlab). Ziel ist ja, möglichst lange und schmerzfrei effizient treten zu können – auf einem Rad, das vorne und hinten ziemlich bepackt ist.
Gepäck
Eine Woche zu zweit, den Rest der Zeit allein: Dass wir während unserer gemeinsamen Zeit in Unterkünften übernachten wollten und ich danach allein viel campen, brachte eine unterschiedliche Menge Gepäck mit sich: Kleidung und Basis-Equipment (Packliste siehe unten) für beide, Campingzeug für mich zusätzlich.
Da das Atlas zahlreiche Montagepunkte für Bikepacking-Taschen hat, lag die schwere Entscheidung eher nicht darin, ob ich mein ganzes Zeug – und ich hatte keine Lust, extraleichtes und kleines Campingequipment neu zu kaufen, sondern wollte Vorhandenes nutzen – am Rad unterbringen kann, sondern darin, wie und wo das Equipment idealerweise transportiert wird.
Da ich nicht wie ein dicker Packesel, sondern möglichst leicht und wendig durch Schweden radeln wollte, entschied ich mich gegen Racks und fette Satteltaschen, sondern für Bikepacking Bags, die man direkt am Rad befestigen kann.
- Klamotten in die Arschrakete (Ortlieb Seat Bag)
- Isomatte und Regenzeug in die Lenkerrolle (Ortlieb Handlebar Pack)
- Zelt und Schlafsack in je eine Gabeltasche (Ortlieb Fork Pack)
- Schwerere Dinge wie Lebensmittel und Zeltstangen in die Rahmentasche (Ortlieb Frame Bag)
- Kleinzeug in die Accessory Bag (handmade).
Das Volumen der Taschen beschränkt automatisch die Menge der Dinge, die mit können.
Ich trug alles, was auf meiner Packliste stand (die ich mir vorher in Blogartikeln über Radreisen in Schweden zusammenrecherchiert hatte) zusammen und hatte einen riesigen Haufen auf dem Bett – nachdem alles in den Taschen und am Rad war, war aber sogar noch Platz.
Und während der Tour stellte sich bei uns beiden heraus, dass noch weniger auch genug gewesen wäre.
Packliste
Hier gibt es natürlich Spielraum. Wir hatten ein wenig mehr als diese Liste dabei, unten Aufgeführtes hätte aber (bei relativ warmem und trockenem Wetter) auf jeden Fall gereicht.
Hardwear
- Bike
- Schuhe
- Helm
- Wasserflasche
- Sonnenbrille
- Licht
- Schloss
- Flickzeug / Notfallset fürs Rad
- Luftpumpe
- Bikepacking-Taschen
- Navigation
Ich dachte eigentlich, die Mini-Blackroll und der Golfball für Waden und Füße wären unverzichtbar. Dabei wars das Navi. Ohne mein Garmin würde ich vermutlich immer noch durch Mittelschweden kreiseln.
Kleidung
- Polsterhose (und evtl. eine zum Wechseln, kann man aber auch Abends waschen)
- Trikot
- Windjacke
- Regenkleidung
- Käppi
- Socken
- Thermojacke
- Mütze, Handschuhe
- Unterwäsche
- Schlafsachen
- Leichte und knautschbare „normale“ Kleidung, z.B. Leggings und Kleid für variable Outfits
- Pulli/Longsleeve
Sonstiges
- Snacks (z.B. Riegel, Knäckebrot)
- Erste Hilfe Set
- Smartphone
- Ladekabel
- Minimalistischer Waschbeutel inkl. Sonnen-und Popocreme
- Waschmittel
Fürs Camping
- Zelt
- Isomatte
- Schlafsack
- Kocher
- Teller/Becher/Besteck
- Wasseraufbewahrung
Auf Tour
Den Zug München-Rostock hatten wir sehr bald gebucht, als klar war, dass Marta mitkommt. Fahrradplätze in ICEs sind diesen Sommer nämlich ein sehr rares Gut. Nach einer Nacht in Rostock fuhren die bepackten Räder mit uns mit der Autofähre nach Trelleborg an den südlichsten Zipfel Schwedens, wo wir direkt nach kurzer Zimtschneckenpause zur ersten Etappe aufbrachen.
Weil die Zeit mit Marta begrenzt war und wir nicht nur planlos durch die Gegend kurven wollten, entschieden wir uns für Göteborg als gemeinsames Ziel. Von dort war es halbwegs wahrscheinlich, dass Marta plus Rad nach Deutschland zurück kommt (Räder dürfen in schwedischen Schnellzügen nicht mit, aber von Göteborg gibt es einen praktischen Regionalzug nach Kopenhagen) und Steffi steht das restliche Schweden für ihre Campingtour offen.
Der “Kattegatleden”, einer der vielen vielen schwedischen, supergut ausgeschilderten Fahrradrouten, führt immer an der Westküste entlang und gibt so eine entspannte Variante zwischen Helsingborg und Göteborg vor.
Die Tagesetappen definierten sich schnell durch die Verfügbarkeit bezahlbarer Unterkünfte. Airbnbs und Hostels lagen halbwegs gut erreichbar vom Kattegatleden und somit ergaben sich Strecken zwischen 60 und 90 km.
Da die schwedische Westküste recht dicht besiedelt ist, war das Angebot an Orten mit Supermarkt und Cafés groß. Wir hatten kein einziges Mal die Notwendigkeit, lange viele Lebensmittel mit uns herumzufahren, sondern konnten immer auf dem Weg den Zimtschneckenpegel hoch halten und in der Nähe der Unterkunft fürs Abendessen einkaufen.
Unsere liebsten Stopps im Bereich des Kattegatleden:
- Bruket Kaffebar Helsingborg
- Trädgårdscafé Pedalen in Påarp
- Solhaga Stenungsbakeri
- Borgmästargården Falkenberg
- Der Küstenradweg bei Varberg
- Freadals Trädgårdscafe
Erstaunlichste Erkenntnisse:
An Tag 1 tat alles weh und ich konnte mir nicht vorstellen, noch fast drei Wochen in diesem Sattel zu verbringen. Aber schon im Lauf des zweiten Tages fühlte es sich für uns beide an, als würden wir auf diesem Fahrrad wohnen. Snacks griffbereit, Ladekabel und Powerbank ebenso, alle Dinge an ihrem richtigen Platz. Auch wenn sich die Gegenstände im Lauf der Tour noch mehrmals umsortiert haben, fühlte es sich immer geordnet und schnell erreichbar an. Mit dem Rucksack auf Hüttentour ist das oft nicht so.
Apropos schnell erreichbare Snacks: Auch wenn wir immer gut gegessen hatten – es ging noch mehr. Ich hatte teilweise eine halbe Stunde nach einer Pause schon wieder richtig Hunger und auch mehrmals das Gefühl, zu wenig Energie wegen zu wenig Essen zu haben. Seitdem waren noch mehr Gummibärchen und Knäckebrot griffbereit am Rad verfügbar.
Nach den 400 km entlang der Küste mit Marta fühlte ich mich für meine 1,5 Solo-Camping-Wochen perfekt vorbereitet und warmgeradelt und hatte das Gefühl, Bescheid zu wissen, wie Bikepacking in Schweden funktioniert. Das Land ist eh – zumindest im von uns/mir begutachteten südlichen Teil – perfekt zum Radfahren. Überall sind irgendwelche Radrouten ausgeschildert und um jeden Verkehrskreisel schlängelt sich ein ausgeklügeltes Radwegesystem. Fahrradurlaub ist dort eine gängige Art zu reisen, und Autofahrer halten an (sogar auf der Landstraße) und winken Fahrradfahrer auf die andere Straßenseite. Ich kann mich an keine einzige brenzlige Situation erinnern – und ich habe auf meinen insgesamt 1200 km einige Kreuzungen, Kreisel und Straßenränder gesehen. Aber auch Wälder, Schotterpisten, sandige Reiterwege, Singletrails.
Die letzte Bikepacking-Tour auf dem Atlas war das ganz sicher nicht! Wo könnte es das nächste Mal hingehen?
Foto Credits: Focus Bikes / Hans-Martin Kudlinski
{{ Werbung | Diese Reise hätte es ohne die Unterstützung von Focus Bikes und Ortlieb nicht gegeben. Danke für das Equipment! }}