Dagmar Bartosch

Egal ob Hochtour oder Hausberge – Dagmars Instagram-Profil sprüht aus jedem Tourenbericht vor Berggeh-Freude und Begeisterung. Man will sofort genau dorthin und genauso unermüdlich Gipfel für Gipfel abklappern. Egal ob Schnee liegt oder der Staub in den Augen beisst, sie ist unterwegs, so oft sie kann.

Oben angekommen blickt sie oft einfach staunend und ehrfürchtig auf die Bergketten rundherum. Wie diese Kulisse Menschen kalt lassen kann, ist ihr ein Rätsel. Sie bekommt dort immer „Bergkribbeln“: dieses Bitzeln im Bauch, das unmittelbar für Ruhe im Kopf und einem breiten Grinsen im Gesicht sorgt – und das namensgebend für ihr Insta-Profil war.

Kein Wunder also, dass ihre Aktivitäten am Berg immer vielseitiger, ihre Tourenführer im Regal immer zahlreicher und ihre Liste mit Projekten immer länger werden. Ihre selbst bemalte Fußmatte vor der Tür ist also Programm und praktische Abwesenheitsnotiz in einem: „…probably in the mountains.“

Du bist in München geboren. In welchem Stadtteil fühlst du dich am meisten zuhause und warum?

Aufgwachsen bin ich im Münchner Westen, in Pasing. Jetzt wohne ich in Neuhausen und fühle mich dort so wohl, dass ich eigentlich nie wieder weg will:

Die nette Nachbarschaft, mein Südbalkon, dass ich alles in der Stadt radeln kann, Laufstrecken in der Nähe habe und schnell auf die A 95 und Richtung Berge düsen kann – das alles macht es für mich gerade zur perfekten Hood in München.

Was ist dein Lieblingsort in München und warum?

Ein Lieblingsort ist zu wenig! Mein Herz macht auf jeden Fall immer einen Hüpfer, wenn ich morgens beim Laufen durch den Schlosspark auf die Rehe oder an einem Sommerabend durch den nördlichen Englischen Garten radle. Für ein Feierabendbier gehe ich gerne an die Schleusen bei St. Lukas.

Wo fühlst du dich in München den Bergen am nächsten?

Das habe ich vor allem jetzt während der Corona-Ausgangssperre bemerkt: auf dem Olympiaberg – da hat man an guten Tagen wenigstens Blickkontakt.

Und falls das noch gilt: Wenn man auf der A95 bei Wolfratshausen das erste Mal die Alpen sieht, ist das immer ein Gefühl von Nachhausekommen.

Wo trifft man dich auf keinen Fall?

In Rockkneipen und Schickimicki-Clubs, auf der Neuhauser Straße und im Mathäser.

Erzähle uns von deiner ersten Erinnerung an die Berge! Weißt du noch, wann du das allererste Mal in den Bergen warst und was du da gemacht hast?

In meiner Familie gibt es keine Bergfexe.

Meine erste Erinnerung sind deshalb die Sommer, die wir als Jugendliche auf dem Alplhaus verbracht haben, wo der Vater eines Freundes Hüttenwart war. Ich mochte die Hütte, fand das Hochlaufen aber wenig spaßig.

Meine Liebe zu den Bergen kam erst später – dafür aber umso heftiger.

Was bedeuten die Berge für dich?

Berge bedeuten für mich

Heimkommen und Freiheit,

Herausforderung und Nervenkitzel,

Entspannung,

Ruhe und Ankommen,

Lebensfreude,

Naturverbundenheit,

pure Glücksmomente,

Respekt und Ehrfurcht

– so vieles. Ein schmaler Pfad mit Talblick, ein Klettersteig mit viel Kraxelei, eine einsame Gipfelrast, Sonnenauf- und -untergänge mit Bergpanorama – das alles löst Gefühle in mir aus, die ich nur dort empfinde.

Diese innere Zufriedenheit und das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein – das hat mich süchtig nach den Bergen gemacht.

Was machst du in den Bergen am liebsten und warum?

Das ist eine fiese Frage. Je mehr ich in den Bergen bin und je mehr ich ausprobiere, desto mehr Hobbies kommen auf meine Liste.  Ich liebe es, mehrere Tage am Stück in den Bergen unterwegs zu sein, am liebsten auf anspruchsvollen Wegen mit vielen Höhenmetern, Kraxelei und viel Felskontakt am Ende. Hochtouren sind immer noch etwas sehr Besonderes für mich – die hohen Berge haben es mir angetan, aber leider schaffe ich das momentan noch viel zu selten für meinen Geschmack.

Wo ist dein Lieblingsspot in den Bergen?

Eigentlich mag ich am liebsten die einsamen Wege und Berge.

Trotzdem ist einer meiner Lieblingsgipfel die Notkarspitze, weil es ein etwas weitläufigerer, grasiger Gipfel mit 1A-Zugspitzblick ist. Da könnte ich auch zwei Stunden oben sitzen und einfach schauen – selbst wenn man dort selten allein ist.

Von wo hat man deiner Meinung nach die schönste Aussicht?

Besonders waren auf jeden Fall die Aussichten auf der Spaghetti-Runde in der Schweiz – meine ersten Viertausender. Inmitten dieser Eisriesen kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus.

Was ist dein liebstes Berg-Foto zur Zeit und warum?

Das ist ein Bild von einer Tour im Karwendel an einem der letzten schönen Herbsttage im vergangenen Jahr. Wir waren mit ein paar Bergmädels auf dem Gamsjoch. Auf dem Abstieg hielt Celine die besondere Lichtstimmung fest:

Das Bild zeigt für mich die ganze Magie der Berge in ihrer mächtigen Schönheit.

Welche Tour muss man unbedingt gemacht haben und warum?

  • Wintertour: Für eine einfache Schneeschuhtour kann ich das Schneidjoch mit Übernachung im Winterraum der Gufferthütte empfehlen: ein bisschen Abenteuer, schöne Landschaft und ein beeindruckender Blick auf die Guffert-Nordwand.
  • Im Sommer finde ich die Soiernrunde einen Klassiker, der sich wirklich lohnt, am besten unter der Woche: Wege zum Genießen, tolle Ausblicke, eine Erfrischung im Soiernsee und eine urige Hütte – was will man mehr.
  • Außerdem Zugspitze und Watzmann, weil es nicht nur schöne Touren sind, sondern sie sich auch einfach gut im Gipfelbuch machen.

Was nimmst du immer mit in die Berge (in deinem Rucksack) und warum?

  • Eine Regenjacke und eine Sonnenbrille, weil man nie weiß, was das Wetter in den Bergen macht.
  • Ein Minisitzkissen, weil es die Rast immer gemütlicher macht.
  • Brotzeit, weils am Berg besonders gut schmeckt. Dazu zählt auch der Gipfelschnaps im Deckelfach – als Belohnung.

Was war deine allzeit beste Anschaffung für die Berge und warum?

Meine Trinkblase – das merke ich immer, wenn sie mal nicht im Rucksack steckt. Es geht sich einfach entspannter, wenn man jederzeit seinen Drust stillen kann.

Und meine Merinoshirts – unverzichtbar auf Mehrtagestouren, weil es wirklich der Wahnsinn ist, was dieses Naturmaterial alles wegsteckt.

Was empfiehlst du Neulingen, die in die Berge gehen möchten?

Erstmal mit Touren im Komfortbereich starten, dabei eine gesunde Selbstwahrnehmung und -einschätzung und Eigenverantwortung am Berg lernen –

Herausforderungen kann man sich später immer noch suchen.

Und unbedingt gscheide Bergschuhe anziehen – keine weißen Sneaker ohne Profil.

Was ist deine größte Herausforderung in den Bergen?

In neuen oder schwierigen Situationen auf das eigene Können und die eigene Kraft zu vertrauen und damit auch mal wirklich an die persönlichen Grenzen – und darüber hinaus – zu gehen.

Und sich auf vollen Hütten und Gipfeln ins Gedächtnis zu rufen und damit abzufinden, dass man die Berge – leider – mit so vielen anderen teilen muss.

Hast du dir für 2020 etwas Besonderes vorgenommen  – und wenn ja, was und warum?

So einiges, aber vieles davon wird wegen Corona wohl bis 2021 warten müssen. Mehr Hochtouren machen und endlich auch am Fels klettern steht auf jeden Fall weit oben auf der Liste.

Hast du eine Lebensweisheit, die dich immer begleitet?

If you get tired, learn to rest not to quit.

Danke für das schöne Interview mit dir, Dagmar! 

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